Wenn Frauenmorde zur Tragödie für Kinder werden
Gewalt an Frauen bedeutet sehr oft auch Gewalt an Kindern.
Der heuer bereits 21. Femizid schockiert uns und hinterlässt viele offene Fragen über die Gründe, warum Frauen in Österreich nicht besser geschützt werden können. Zu wenig gesprochen wird über das Schicksal der überlebenden Kinder solcher Gewalttaten, die es in mindestens 50% der Fälle gibt.
Kinder als überlebende dieser Tötungsdelikte brauchen rasche und feinfühlige Unterstützung in darauf spezialisierten Einrichtungen, denn sie verlieren mit dem Mord an ihrer Mutter nicht nur die meist wichtigste Bezugsperson, sondern müssen mit der zusätzlich traumatisierenden Tatsache leben lernen, dass oftmals ihr eigener Vater (Erzeuger) oder eine innerfamiliäre männliche Bezugsperson ein Verbrechen begangen hat. „ Die Kinder sind tief erschüttert und erleben gleichzeitig Trauer, Scham, Angst, Hass und Verwirrung,“ sagt Hedwig Wölfl, Psychologin und Leiterin der möwe. Es ist eine große Herausforderung, diese Gefühle zu entwirren und wieder ein Grundvertrauen in andere Menschen aufzubauen, um damit das Erlebte verarbeiten zu können und eine weitere gute und stabile Entwicklung zu ermöglichen.
Dazu kommt, dass zumeist auch das unmittelbare familiäre Umfeld des Kindes unter Schock steht und es in der eigenen Trauer nicht immer gut gelingt, die Bedürfnisse des Kindes im Blick zu haben. Mit psychologischem Rückhalt und Beistand für die Familien können gute Bedingungen geschaffen werden, in denen das Kind mit dem Verlust und allen damit in Zusammenhang stehenden Gefühlen umzugehen lernt. Auch Unterbringungen in Krisenzentren oder in einer Krisenpflegefamilie - wenn keine Familie vorhanden ist - sind für Kinder schwer zu begreifen und zu verkraften. Sie fühlen sich in der unvertrauten Umgebung „aus ihrer Welt gerissen“ und können sich unter Umständen nur schwer jemandem anvertrauen. Auch hier kann die Begleitung, zumindest der Helfenden oder der verbleibenden Familienmitglieder durch eine Kinderschutzeinrichtung hilfreich sein.
Betroffene Kinder haben auch das Recht auf Prozessbegleitung, um ihre Opferrechte und Schmerzensgeldansprüche zu wahren. Seit Beginn dieses Jahres können viele Kinderschutzzentren nun endlich auch Prozessbegleitung für Kinder, die Zeugen häuslicher Gewalt wurden, anbieten. Das ist eine wichtige und lang geforderte gesetzliche Neuerung und ein wichtiger Schritt in eine lückenlose Versorgung von Betroffenen, deren Alltag von Angriffen, Übergriffen, Streit, Angst, Brutalität, Anspannung und Hilflosigkeit geprägt ist.
Zusätzlich braucht es mehr Mittel für präventive Maßnahmen in den Familien. Für die Installation von Frühwarnsystemen und niederschwellige, aufsuchende Familienbegleitung.
„Ich appelliere auch an die Zivilcourage, an die Bereitschaft der Gesellschaft, diese Kinder nicht alleine zu lassen“, sagt Wölfl weiter. „Wir alle müssen aufmerksam sein, wenn wir Gewalt beobachten, wenn es in der Nachbarwohnung in beunruhigender Weise laut oder leise wird, wenn wir Kinder alleine im Stiegenhaus vorfinden, weil sie sich nicht in die Wohnung trauen, wenn Mütter verstört und verweint sind, wenn uns jemand bittet die Polizei zu rufen, wenn Schreie hörbar werden … Nulltoleranz gegen Gewalt verlangt von uns allen, dass wir Hinschauen, Hinhören und Handeln“
Hilfe für von Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche:
die möwe Kinderschutz
01 532 15 15
kinderschutz@die-moewe.at
Kinderschutzzentren in ganz Österreich:
http://www.oe-kinderschutzzentren.at/zentren/zentren-vor-ort/
die möwe Kinderschutz
Veronika Schiller
01 532 14 14 -713
schiller@die-moewe.at