Wie verhalte ich mich bei einem Verdacht auf Gewalt an einem Kind?
Vager Verdacht
Sie haben einen vagen Verdacht auf Gewalt an einem Kind.
Ihre Beobachtungen sind nicht eindeutig und sexuelle Übergriffe oder
andere Formen von Gewalt können, müssen aber nicht vorliegen.
So gehen Sie vor:
- Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen.
- Lassen Sie sich von einer professionellen Beratungseinrichtung, z.B. einem Kinderschutzzentrum, begleiten und unterstützen.
- Setzen Sie das Kind bzw. den/die Jugendliche/n NICHT unter Druck, auch wenn Sie es gut meinen. Täter*innen üben psychische Gewalt auf Opfer aus, die sie daran hindert, sich jemandem anzuvertrauen.
- Zeigen Sie Gesprächsbereitschaft und schaffen Sie eine vertrauliche, zuverlässige Atmosphäre.
Konkreter Verdacht
Sie haben einen konkreten Verdacht auf Gewalt an einem Kind.
Es liegen eindeutige Anzeichen von Gewalt (z.B. Verletzungen) vor oder
konkrete Äußerungen von einem Kind/Jugendlichen legen einen akuten Verdacht nahe.
So gehen Sie vor:
- Dokumentieren Sie Ihre Beobachtungen.
- Sprechen Sie nach Möglichkeit mit einer Kollegin oder einem Kollegen. Vier Augen sehen mehr als zwei!
- Konfrontieren Sie NICHT direkt die in Verdacht stehenden Personen.
- Klären Sie Ihren Verdacht mit geschulten Berater*innen, zum Beispiel bei der möwe. Nehmen Sie Kontakt zur lokalen Kinder- und Jugendhilfe auf und machen Sie eine Gefährdungsmeldung, um das Kindeswohl zu sichern.
- Wichtig! Nehmen Sie Unterstützung einer professionellen Einrichtung, z.B. einem Kinderschutzzentrum, in Anspruch. Lassen Sie sich vor einer Anzeige bei einer Prozessbegleitungseinrichtung beraten.
- In akuten Notsituationen immer Rettung und Polizei rufen! In weiterer Folge wenden Sie sich an uns oder andere Kinderschutzeinrichtungen.
Was tun bei Verdacht: Infovideo
Ein Verdacht auf Gewalt oder Missbrauch bei Kindern oder Jugendlichen stellt Eltern, Pädagog*innen und Fachkräfte vor große Unsicherheit. Dieses Video erklärt, welche Schritte wichtig sind, um in einer solchen Situation richtig zu handeln: beobachten ohne zu bewerten, sorgfältig dokumentieren, vertrauensvoll im Team oder mit Fachstellen beraten und rechtzeitig Unterstützung holen.
Fragen, die Sie sich bei Sorge um ein Kind vielleicht stellen:
- Ob die blauen Flecken bei einem Kind in Ihrem Umfeld wirklich beim Spielen entstanden sind.
- Ob Ihr Verdacht übertrieben ist.
- Was für Folgen es hätte, wenn Sie Ihre Beobachtungen melden.
- Was dem betroffenen Kind oder Jugendlichen passiert, wenn Sie nicht handeln.
Jedes vierte bis fünfte Mädchen, jeder siebte bis achte Junge erlebt im Laufe der Kindheit Gewalt.
(Quelle: UNICEF)
Halten Sie Kindesmissbrauch also für möglich!
Nicht immer ist Gewalt an Kindern so leicht zu erkennen.
Kinder reden oft verschlüsselt z.B. von einem Freund oder einer Freundin, dem oder der etwas passiert ist. Manchmal erzählen sie auch von Geheimnissen oder bedrohlichen Träumen. Kinder versuchen im Durchschnitt sieben Mal sich mitzuteilen, bis sie auf einen Erwachsenen treffen, der sie versteht, ihnen glaubt und hilft.
Weiterführende Information zu den verschiedenen Formen von Gewalt und wie Sie Hinweise erkennen können, finden Sie in unserem Artikel über Gewaltformen.
Das möwe Sorgenbarometer
Das Sorgenbarometer hilft in der Einschätzung Ihrer Sorge um das Wohlergehen eines Kindes und kann Sie dabei unterstützen, rasch und unkompliziert die weiteren notwendigen Schritte zu klären.
Pflichten bei Verdacht auf Gewalt an Kindern
Meldepflicht
Alle Personen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben die Verpflichtung, bei Verdacht auf Vernachlässigung, Gewalt oder sexuelle Übergriffe eine Meldung an die Kinder- und Jugendhilfe zu machen.
Anzeigepflicht
Privatpersonen haben die Berechtigung, aber nicht die Verpflichtung, anzuzeigen. Behörden sind verpflichtet, bei Verdacht auf eine strafbare Handlung, die ihren Wirkungsbereich betrifft, eine Anzeige bei Staatsanwaltschaft oder Sicherheitsbehörde zu erstatten.
Dokumentation
In allen Fällen sind schriftliche Notizen von großer Wichtigkeit. Bitte dokumentieren Sie mit Datum, in Stichworten, und in direkter Rede, was Sie gesehen oder gehört haben (Beobachtungen).
Relevante Gesetzestexte
§ 37 Kinder- und Jugendhilfegesetz
§ 78 StPO Anzeigepflicht
§ 48 SchUG Verständigungspflichten der Schule
Des Weiteren gilt es, Berufsgesetze (z.B. bei Gesundheitsberufen) zu beachten.